Vom 6. Oktober – 7. Dezember 2016 waren Franzi und Yannis in Kenia, um als Freiwillige das Jiamini Tageszentrum zu unterstützen. Ihr Endbericht gibt es nun hier zu lesen:
Thika, 7.12.2016
In Kenia hat die kleine Regenzeit begonnen. Auch wenn wir es aus Deutschland kommend kaum nachvollziehen können, so haben doch alle Kenianer, ganz vorneweg die Bauern, dieser Zeit schon lange sehnsuchtsvoll entgegengefiebert. Als es dann also anfing, war eine kollektive Erleichterung in der Bevölkerung zu spüren, die uns schon fast überzeugte. Aber eben nur fast.
Die ersten Schauer kamen in der Nacht. Kurze heftige Regenfälle, die die Straßen überfluteten, gefolgt von kurzem Nieselregen am Morgen und gelegentlichen Tropfen am Tag. Die Kinder empfingen die neue Jahreszeit schreiend und lachend. Sie rannten durch die Straßen von Kiandutu, immer im spielerischen Versuch, jedem noch so kleinen Tropfen auzuweichen und versteckten sich unter ihrer Kleidung so sehr sie nur konnten, denn Regen bedeutet hier Kälte und dass 24°C bei uns der Inbegriff eines lauen Sommertages sind, finden die Kenianer fast schon unverständlich.
Nach der langen Trockenzeit war der Boden so durstig, dass die Erde alle Feuchtigkeit in kürzester Zeit aufsaugte und da die Nachmittage weiterhin so heiß und sonnig waren wie zuvor, änderte sich im Jiamini-Projekt zunächst nicht viel. Samstag morgens kam der Pastor, darauf folgte eine kurze Unterrichtseinheit vom Volunteer Mack und dann ging es nach dem Mittagessen raus aufs Feld, auf dem uns weiterhin sehr, sehr viele Kinder aus dem Slum Gesellschaft leisteten und bei unseren Spielen mitmachten, was uns sehr freute. Einen kleinen Unterschied machte die Regenzeit vielleicht doch auch für uns. Das Feld, auf dem wir jeden Tag Sport machten und das bisher nicht mehr als eine öde, sehr staubige Piste war, bekam einen anderen Charakter. Die Kinder bemerkten es als erstes. Freudestrahlend tanzten sie um die kleinen grünen Knospen, die sich mit den ersten Regentropfen ihren Weg durch die harte, ausgetrocknete Erde erkämpft hatten. Auch wir freuten uns über die Veränderung. Die Aussicht auf etwas mehr grün im Bild war dabei nur ein Vorzug, ein anderer, dass wir nach dem Spielen mit den Kindern nicht mehr eine ganz so extreme Staublunge hatten und auch unsere Kleidung weitaus angenehmer zu waschen war, als zuvor. Und so rannten die Kinder jeden Tag hinaus und bestaunten den Fortschritt der Grashalme, bevor sie sich Ballspielen und Seilhüpfen widmeten. Dass sie mit dem wachsenden Grün nun auch vermehrt ihr Territorium gegenüber vierbeinigen Eindringlingen wie Kühen und Ziegen verteidigen mussten, störte sie dabei eher wenig.
Mit Schuljahresende setzte bei Jiamini das Ferienprogramm ein. Das hieß, dass von nun an die Kinder jeden Tag ab 12 Uhr ins Projekt kommen konnten, dann wurde gemeinsam gegessen, gebastelt, gemalt, gespielt oder musiziert und am Ende es Tages noch für ein, zwei Stunden aufs Feld gegangen, um dort mit den anderen Kindern aus dem Slum zu toben.
Anfangs dachten wir noch, dass es eine harte Zeit werden würde, 9 Kinder für 2 Monate jeden Tag zu beschäftigen, ohne dass sich jemand langweilte, doch der kleine Holzschrank im Jiamini Office war prall gefüllt mit Malutensilien und Spielsachen, die bei uns zwar jedes Kind kennt, die jedoch für die Kinder hier in Kenia exotische Besonderheiten sind, die sie noch nie zuvor gesehen oder ausprobiert hatten. Und so verbrachten wir viele Stunden damit, zu erklären, was Wasserfarben, Wachsmalstifte und Knetgummis sind und wie man daraus die schönsten Monster kreieren konnte, wir spielten viel Uno und fast noch viel mehr Memory und wir legten sogar den einen oder anderen Projekttag ein, in dem wir mit den Kindern Masken aus Pappmaschee bastelten oder einen Papierfliegerwettbewerb veranstalteten. Eines der größten Highlights für die Kinder war unbestritten der „König der Löwen“-Tag. Sieht man die kleinen Hütten aus Lehm, Holz, Wellblech oder einfach nur Tuch, in denen die meisten Familien in Kiandutu auf einfachste und leider auch ärmste Art und Weise leben, ist es nicht verwunderlich, dass keines der Kinder einen Fernseher besitzt und sie auch kaum Gelegenheiten bekommen, sonst irgendwo einen Film zu sehen. Der Film „König der Löwen“, der bei uns für fast jedes Kind ein Klassiker ist, war für die Kinder in Jiamini bisher kein Begriff gewesen. Es war für uns eine wahre Freude, zu sehen, wie sehr der Film die Kinder fesselte, wie sich jede Emotion offen auf ihren Gesichtern widerspiegelte und wie selbst der Allerkleinste von ihnen ausnahmsweise mucksmäuschenstill hielt, um auch ja alles mitzubekommen, was Löwe Simba gemeinsam mit Warzenschwein Pumba und Erdmännchen Timon im Niemandsland erlebt. Da wir den Film auf Englisch sahen, die Kinder im Jiamini Programm jedoch nur sehr eingeschränkt Englisch sprechen, hielten wir den Film von Zeit zu Zeit immer mal wieder an, um mit den Kindern den Zwischenstand der Ereignisse zu besprechen. Außerdem erarbeiteten wir in kleinen Projektgruppen die Tierwelt von Löwen und Hyänen und sangen tatkräftig bei den Liedern wie Hakuna Matata mit.
So verstrichen die ersten Wochen gemütlich und doch ereignisreich zugleich, in denen wir die Kinder besser kennen lernten, genau wie sie auch uns. Da war unser ältester, Brayan, der zu Hause viel seiner Großmutter beim Schuhverkauf half und der mit seinen 14 Jahren zwischen den ganzen kleineren Kindern schon fast wie ein Erwachsener wirkte. Sheila, die zweitälteste (14 Jahre), mit einer schlanken hochgewachsenen Gestalt, die sehr elegante Bewegungen konnte und die in Spielen wie Slackine, Seilspringen und Gummitwist immer vorneweg war. Whitney, ihre kleine Schwester (10 Jahre), die trotz dem Verlust mehrerer Milchzähne das breiteste Lächeln der Welt hatte und den ganzen Tag herumalberte und lachte, sich jedoch auch sehr fürsorglich, um die kleineren Kinder im Projekt kümmerte, wenn diese ihre Hilfe brauchten. Sandra (12 Jahre), auch Schwester von Sheila und Whitney, war unser kleines Mädchen, das im besonderen Zuwendung brauchte, da sie eine leichte geistige Behinderung hat. Mit ihren großen braunen Augen bestaunte sie oft das Treiben um sie herum und schien davon so überwältigst zu sein, dass sie darüber manchmal auch vergaß, selbst daran Teil zu nehmen. Dann riefen wir sie beim Namen und luden sie ein, mitzumachen, wofür sie sich mit einem strahlenden Lächeln und einer riesigen Umarmung bedankte. Der Kleinste im Projekt und auch ein Geschwisterchen der Mädchen, ist Derrick (4 Jahre), ein Witzbold ohnegleichen, der alle Kinder im Projekt mit seinen Scherzen unterhielt und Banalitäten wie das richtige Anziehen und ordentlich auf Toilette zu gehen nicht so ernst nahm. Seine pinken Crocks, die er chronisch verkehrt herum am Fuß trägt, konnte man schon fast als Markezeichen bezeichnen. Das nächste Geschwisterpaar des Projekts waren Nicholas (10 Jahre) und Elizabeth (6 Jahre). Beide mal aufgedreht, mal ruhig, bilden sie einen Mix, der nie so richtig einzuschätzen war. Konnte man sie mit einer Sache begeistern, waren sie Feuer und Flamme dabei. Interessierte sie etwas nicht, so konnte man vergeblich versuchen, Himmel und Erde zu versetzen. Sie taten konsequent das, wonach ihnen gerade der Kopf stand. Die letzten zwei Kinder des Projektes, ebenfalls Geschwister, waren Kefa (13 Jahre) und Sharon (6 Jahre). Während Kefa eher der ruhige Typ ist, mit einen kaum zu stillenden Wissensdurst, der sich in einer Intensität mit Dingen beschäftigte, sich man nur bewundernswert bezeichnen konnte, war Sharon ein kleiner Wirbelwind, die immer beschäftigt werden wollte und Spiele am liebsten hatte, je lauter und wilder sie zugingen. Ihr Lachen war dabei immer so frei und einzigartig, dass, wenn wir kamen, man sie schon oft von Weitem hörte und oft waren wir schon in ihren Spielen integriert, bevor wir überhaupt die Schuhe ausziehen konnten.
Und so kam es, dass nach kurzer Zeit die Kinder bereits ab 8 Uhr morgens ins Office kamen und uns freudig lautstark empfingen, sobald wir zur Mittagszeit dazu stießen.
Dann wurden die Regengüsse länger und heftiger. Die Straßen im Slum verwandelten sich in rutschige Matschpisten gespickt von Pfützen mit riesigen Ausmaßen. Es regnete nun auch öfter und vermehrt während des Tages. Wurde man unglücklicherweise in einem solchen Schauer gefangen, bedeutete das, in Sekunden zu durchweichen und den ganzen Tag nass bleiben zu müssen. Viele der Slumbewohner holten ihre Gummistiefel hervor, um das Ärgste zu umgehen, doch von unseren Kindern besaß so gut wie keines welche, was sie jedoch zum Glück nicht daran hinderte weiterhin jeden Tag im Projekt zu erscheinen und ihren im Schlamm ertrunkenden Sandalen oder Crocks ungerührt eine schnelle Dusche zu spendieren. Waren die Kinder am Anfang noch so darauf bedacht gewesen, möglichst von keinem nassen Tropfen getroffen zu werden, war ihnen nun der unregelmäßige Regen mehr oder minder egal. Kaum tat sich ein Regenloch auf, bettelten sie darum aufs Feld gehen zu dürfen und Fußball zu spielen und egal wie schlecht das Wetter oder die Feldbedingungen waren, die Kinder aus dem Slum stießen weiterhin zuverlässig zu uns oder holten uns gar vor den Türen des Office ab, wenn ein Malprojekt mal etwas länger dauerte.
In unserer gesamten Zeit bei Jiamini hat es uns schwer beeindruckt, wie bereitwillig die Jiaminikinder die Spielsachen mit den anderen Kindern aus Kiandutu teilten. Auch hat uns beeindruckt, wie sorgfältig alle Kinder mit den Spielsachen umgingen. Am Ende jeden Tages wurden alle Gegenstände widerspruchslos zu uns zurückgebracht. Obwohl keines der Kinder etwas besitzt, kam nie eines auf den Gedanken, etwas mit nach Hause zu nehmen. Selbst als eines abends eine Frisbee aus Versehen auf dem Feld zurückgelassen wurde, klopfte es wenig später an der Tür von unserem Office und ein kleiner Junge brachte uns die Scheibe pflichtbewusst zurück. Diese Gemeinschaftlichkeit und Ehrlichkeit sowohl von den Jiaminikindern als auch von den anderen Kindern im Slum hat uns wirklich zu tiefst bewegt.
Die Regenzeit brachte uns dazu, neben Kunstprojekten und Brettspieleinheiten noch weitere Fächer, wie Sprachen, Musik und Computer in das Ferienprogramm aufzunehmen.
Für Sprachen waren anfangs zwei Einheiten geplant, eine für Deutsch und eine für Englisch, doch fiel uns sehr schnell auf, dass die Kinder bereits große Probleme mit Englisch hatten und angesichts dessen, dass sie Englisch in der Schule und im späteren Alltag benötigen würden und dies bereits neben Kiswahili ihre zweite Fremdsprache war, beschlossen wir, uns erstmal darauf zu konzentrieren. Doch bevor der Sprachunterricht wirklich losgehen konnte, gab es noch ein zweites Problem zu lösen: das unterschiedliche Sprachniveau. Zwar waren die Englischkenntnisse der Kinder im Allgemeinen sehr niedrig, jedoch musste trotzdem eine Methode gefunden werden, die sowohl die Fähigkeiten der 14-Jährigen herausforderte, als auch den 4-Jährigen mit einschloss. So kamen wir am Ende auf die Idee, jede Englischstunde nach dem Muster eines kleinen Rollenspiels zu gestalten. In der ersten Stunde ging es zum Beispiel darum, zu begrüßen und Früchte zu kaufen, in der zweiten wurde eine Szene in einem Restaurant nachgestellt und in der dritten Stunde sollten Wegbeschreibungen an Hand einer Karte geübt werden. Obwohl wir zunächst Angst hatten, dass die Kinder zu schüchtern sein könnten, um die kleinen Theaterrollen zu übernehmen, wurden wir vom Gegenteil sehr positiv überrascht. Die Kinder rissen sich förmlich darum, mitmachen zu dürfen. Zwar waren es hauptsächlich die kleinen Requisiten, die sie dazu verleiteten, mitzumachen und das Englisch war ein etwas lästiger Nebeneffekt, aber immerhin hatten die Kinder großen Spaß und haben am Ende bestimmt auch das eine oder andere mitgenommen.
Auch der Musikunterricht war auf Grund des unterschiedlichen Alters der Kinder eine Herausforderung. In einem Schrank von Jiamini fanden wir Blockflöten, die, so erzählten uns die kenianischen Freiwilligen, zwar schon durch die eine oder andere Kinderhand gewandert waren, aber die in der Vergangenheit trotzdem recht wenig Beachtung gefunden hatten, da die Kinder ganz einfach nicht so recht wussten, was man damit machen sollte. In einer ersten Musikstunde setzten wir also alle neun Kinder zunächst nebeneinander auf die Couch, gaben immer zwei Kindern eine Flöte in die Hand und erklärten ihnen, was eine Blockflöte war und was man für verschiedene Töne damit spielen konnte. Die Kinder waren begeistert, wahrscheinlich etwas zu begeistert, denn sie flöteten mit einem Eifer darauf los, dass uns am Ende der Stunde die Ohren dröhnten und wir uns für das nächste Mal dazu entschieden, zwei Gruppen zu bilden und in zwei unterschiedlichen Räumen parallel zu unterrichten. Auch wenn die Kinder dem Flöten gegenüber nicht abgeneigt waren, so muss leider gesagt werden, dass sich der Unterricht nicht bis zum Schluss durchsetzte. Viele der kleinen klebrigen Finger waren einfach zu klein, um die Löcher vollends zu verschließen und der Frust darüber, dass immer die falschen Töne herauskamen, sowie der noch größere Frust darüber, dass oft nur einer spielen durfte und man währenddessen nicht auf dem Sofa springen oder mit dem Zuhalten des Hauptblaselochs helfen durfte, ließ zumindest die jüngsten Kinder die Flöte schnell wieder vergessen. Nach geschlagenden drei Wochen sahen wir schließlich ein, dass die Blockflöte zu beherschen nicht jedermanns Lebenstraum war und so nahmen wir den Musikunterricht aus dem allgemeinen Stundenplan und beschränkten uns auf diejenigen, die interesse daran zeigten.
Eine weitere wirklich tolle Ergänzung für die Kinder im Wochenprogramm war der Computerunterricht, den der Volunteer Anthony ins Leben rief, nachdem er den Zugang zu einem Clubhaus bekam, in dem einige kleine Laptops zur Verfügung standen. Es war eine wahre Freude zu sehen, wie groß die Augen der Kinder wuchsen, immer wenn es hieß, dass wir heute in den Computerraum gehen würden. Selbst das verträumteste Kind schlüpfte dann so schnell es nur ging in seine Schuhe und rannte die wenigen Straßen voraus, um dort vor dem Tor auf die langsameren Erwachsenen zu warten. In der Zeit, in der wir im Projekt arbeiteten, lernten die Kinder ihre Namen auf einer Tastatur zu schreiben, Größe, Farbe und Strichform der Schrift zu verändern, Tabellen zu erstellen und zu befüllen und einfache mathematische Kalkulationen mit dem Rechnertool durchzuführen. Wir hoffen sehr, dass dieses Projekt weiter geführt wird und den Kindern später einmal einen Vorteil verschaffen wird.
Eigentlich sind wir davon ausgegangen, dass, da nun die kleine Regenzeit begonnen hat, der Regen bis zu unserer Abreise anhalten würde, doch jetzt hat er vor zwei Wochen bereits gestoppt und so bekamen wir am Ende doch noch eine Chance, eines unserer großen Projekte durchzuführen. Mit ein wenig Tetristechnik war es uns tatsächlich gelungen einen Basketballring in unserem Gepäck unterzubringen. Nach dem sich nun das Wasser wieder ein wenig zurückzog und die Schlammpisten langsam wieder zur normalen, staubigen Trockenheit zurückkehrten, entwarfen wir ein Seilzugsystem, mit dem wir unseren Ring einfach und schnell an einem toten Baumstamm befestigen konnten. Obwohl Fußball bei weitem die unangefochtende Nummer eins ist, was den beliebtesten Sport angeht, kam unser Basketballtraining sowohl bei den Kindern, als auch bei unseren kenianischen Volunteeren sehr gut an. Nach nur einem Nachmittag waren unglaubliche Fortschritte bei den Kindern zu erkennen und es war schön zu sehen, dass selbst die kleinsten sprichwörtlich am Ball blieben. Nach nur drei Tagen waren wir sogar so weit, dass wir ein kleines Turnier veranstalten konnten. Zwar wurden Regeln, wie Schrittfehler oder kleine Fouls noch nicht so erst genommen, aber es war schön, wie die Kinder Feuer und Flamme um jeden Sieg fochten und sich trotzdem am Ende jeder für alle freute, ob nun gewonnen oder verloren.
Nun waren wirklich schon über zwei Monate vergangen, seitdem wir damals in Kenia gelandet sind. Es ist schwer zu glauben, dass alles, was sich am Anfang so fremd und anders angefühlt hat nun Teil unseres Alltaglebens geworden ist, sodass wir es schon gar nicht mehr bemerken. Wir haben so viele schöne Momente mit den Kindern in Jiamini verbringen können, dass sie sich wirklich wie eine kleine Familie anfühlen. Wir haben mitbekommen, wie die Kinder leben, was der Alltag für sie bedeutet, haben mitbekommen, mit welchen Problemen jedes Kind individuell zu kämpfen hat und auch all die kleinen Erfolge gesehen, die sie Schritt für Schritt erringen, sodass es uns nun wahnsinnig schwer fällt, sie zu verlassen und so weit von ihnen entfernt zu sein. Obwohl wir diejenigen waren, die nach Kenia gekommen sind, um einen kleinen Unterschied in der Welt zu machen, müssen wir jetzt feststellen, dass Kenia in uns den viel größeren Unterschied im Leben ausgemacht hat. Dank all dem was wir hier mitbekommen und gelernt haben, hat sich unser Horizont stark erweitert. Die Kinder, sowohl die Jiaminikinder als auch die anderen Kinder aus dem Slum, haben uns in vielen Situationen so sehr bewegt, dass wir uns sicher sind, dass wir sie nicht mehr vergessen werden. Wir werden bestimmt noch oft zurück an die schöne Zeit hier denken und mit etwas Glück eines Tages an diesen wunderschönen Ort zurückkehren.
17.12.2016
Inzwischen sind schon zehn Tage vergangen, seitdem wir das Projekt verlassen haben, um eine Reise durchs Land zu unternehmen und noch mehr Eindrücke zu erhalten. Wir hatten beschlossen, eine Safari zu unternehmen, um die vielfältige und einzigartige Tierwelt der Masai Mara kennenzulernen. Trotz der Wahl des billigsten Anbieters findet man sich sofort in einer Welt wieder, die wie von einem anderen Stern erscheint. Solch eine Reise konnte sich keines der Kinder und keiner der Betreuer in Thika je leisten. Keiner hat jemals einen Löwen oder einen Elefanten gesehen, obwohl diese Wahrzeichen des Landes darstellen und so nah sind. Wir genossen die Reise, allerdings mit einem seltsamen Gefühl im Bauch. Plötzlich fielen uns Menschen am Wegesrand auf, die mit kritischen Gesichtern die Touristenbusse betracheten. Wir trafen viele freundliche Menschen, wollten deren Freundlichkeit aber mit großer Dankbarkeit entgegentreten, um das Bild des Weißen zu … verbessern? Schwer zu sagen. So viel Leid, wie in der Vergangenheit verübt wurde, braucht es viel Interaktion und viele kleine Projekte und Helfer wie bei Jiamini, um zu erfolgreicher Völkerverständigung beizutragen. Diese Aufgabe ist noch lange nicht geschafft. Warum wir trotzdem noch eine Safari gebucht haben, obwohl wir uns nach Ende der ersten All Inclusive Erfahrung darauf gefreut haben, allein weiterzureisen, abseits des Touristenstroms (dieser ist wohlgemerkt sehr klein, und existiert auch in der Öffentlichkeit kaum, da er sich auf Shuttletaxis, gebuchte Lodges, Safaris und Strand beschränkt)? Weil es keine andere Möglichkeit gibt, die Natur und Tierwelt weltberühmter Nationalparks wie der Serengeti (Tansania) zu erkunden. Ehrlicherweise muss man auch sagen, dass man sich schnell wieder an Verhältnisse, wie wir sie in vielen Dingen kennen, gewöhnt – und diese auch genießt. Man kann seine Herkunft kaum komplett ignorieren. Doch trotzdem haben wir das Bedürfnis, unsere Reise nahe am kenianischen Volk zu führen. Kleine lokale Restaurants unterstützen, mit einheimischen Verkehrsmitteln reisen, bescheiden bleiben und wo uns mit Misstrauen begegnet wird, ein Lächeln dazulassen.
Wir hören immer wieder Neuigkeiten von Stano und den Kids aus Kiandutu. Agnes darf im neuen Jahr auf ein Internat gehen, um die Oberstufe zu besuchen. Der Basketballkorb wird freudig benutzt. Nach wie vor sind die Kinder verrückt nach vielen Spielen und sind lebenssfroh wie eh und je. Ein Fußballturnier wird nun bis Weihnachten durchgeführt, mit bedürftigen Kindern aus den umliegenden Gemeinden, mit vielen Jungs und auch vielen jungen Mädchen. Bei Jiamini fand außerdem eine kleine, interne Weihnachtsfeier mit kitschigen Partyhüten statt!
Wir sind froh, ein Teil von dem allen gewesen zu sein. Wir vermissen die Kids. Und wir freuen uns darauf, sie an unserem letzten Tag in Kenia vielleicht noch einmal wiederzusehen, bevor wir wieder nach Deutschland fliegen. Noch eine letzte verrückte Umarmung, einen letzten Spielbericht vom gestrigen Fußballspiel, eine letzte Lektion an den Kleinsten, wie man Klopapier benutzt, ein letztes Memoryspiel, eine letzte klebrige High Five. Wir hoffen, wir konnten den Kindern auch etwas zurücklassen. Mindestens ein paar Gedanken an schöne gemeinsame Zeiten.